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Freundschaft.

  • Daniel
  • 28. Juni 2023
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 10. Jan.

Wenn Schicksalsschläge Fragen zu so vermeintlich klaren und verständlichen Gewohnheiten aufwerfen. Über das Leben. Über Freundschaft und das Sterben.

Die Geschichte ist schnell erzählt. Sie lässt sich nachfolgend kurz zusammenfassen. Die Geschichte hinter der Geschichte nicht. Aber von vorne: Vier Senioren, charakteristisch so unterschiedlich wie es kaum denkbar wäre, erfolgreich im Beruf, jeder mit seinen eigenen familiären Themen, treffen sich nach 35 Jahren erstmals wieder gemeinsam zum Sonntagsvierer. Ein Ritual der vier Protagonisten, was so viel wie ein gemeinsames Golfen meint. Die Fahrt und die Ankunft im Hotel zeichnen ein klareres Bild zu den Persönlichkeiten. Ich nenne sie mal der Freigeist und Kreative, der Sanfte und Harmonische, der Nörgler und Realist sowie, vorerst ganz nüchtern, der Vierte im Bunde. Um letzteren dreht sich die Tragödie. Gleich mehr dazu. Die Aussicht ist prachtvoll. Umgeben von einer schier unendlichen Bergkulisse und dieser Weite spielen die Vier wie in alten Zeiten. Am kurz darauffolgenden Dinner eröffnet der Vierte im Bunde, dass er unheilbar krank ist. Diagnose: Huntington-Krankheit. Dabei handelt es sich um eine genetisch verursachte Erkrankung, bei der ein defektes Gen bestimmte Gehirnzellen absterben lässt. Ähnlich wie bei einer Parkinson Erkrankung gehören körperliche Veränderungen wie Unruhe, ruckartige Bewegungen und Schwierigkeiten beim Sprechen sowie psychische Störungen zu den Merkmalen dieser Erkrankung. Das Absterben der Gehirnzellen schreitet laufend fort, die Lebenserwartung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Sie führt unweigerlich zu einem anstrengenden Tod.


Zurück zum gemeinsamen Dinner der Vier. Der Erkrankte führt aus, dass er dem Krankheitsverlauf, trotz Anfangsphase, bereits am nächsten Tag ein Ende setzen möchte. Mittels Einnahme eines Präparats. Er möchte dies im Kreise seiner besten Freunde tun. Ohne Familie, die sei nicht involviert. Ist dies bereits aktive Sterbehilfe? Beihilfe zu Mord?

"Niemand kennt den Tod, und niemand weiss, ob er für den Menschen nicht das allergrösste Glück ist". Sokrates

Unabhängig dieser moralisch wohl sehr schwierigen, berechtigten Frage möchte ich wie anfangs erwähnt auf die Geschichte hinter der offensichtlichen Geschichte eingehen. Ist es Verrat? Freundschaft? Versöhnung? Wie ist es, wenn man sich in die Lage des Erkrankten versetzt und dessen Aussage "Ich will nicht alleine sterben. Ich bin doch ganz alleine" zum Anlass der Selbstreflektion nimmt? Führt es einem nicht krass vor Augen, dass wir sterblich sind? Das System endlich ist? Das Einzige, worüber niemand berichten kann ist doch der Tod. Niemand kann über den Tod erzählen. Vielleicht ist es wie Sokrates meinte sogar das grösste Glück. Doch wie verhält es sich, wenn wie in der obigen Geschichte erwähnt, der Erkrankte seine engsten Freunde in eine Tatsache einweiht, unvorbereitet, fast gar fordernd? Nun trotz persönlicher, liberaler Haltung zur Sterbebegleitung, die in der Schweiz unter klaren Vorgaben möglich ist, stellen sich als betroffene wie als aussenstehende Person verschiedene Fragen. Fragen zu Grundüberzeugungen. Und ob diese in Ausnahmesituationen weiterhin Gültigkeit erfahren dürfen.

"Ich habe vergessen, wie sich Liebe und Freundschaft anfühlt".

Geschichten wie die obige kennen viele unter uns. Der Tod selbst oder die Anbahnung ans Sterben infolge einer Krankheit kreuzt unseren Alltag ungelegen. Als betroffene Person wie das Umfeld gleichermassen. Ehrlicherweise muss ich gestehen, obwohl eine fiktive Geschichte, diese mich stark berührt und zum Nachdenken animierte. Geht es hierbei doch um so grundlegende Dinge wie die persönliche Grundhaltung. Die eigenen Werte, geprägt aus dem Elternhaus und weiterentwickelt im Erwachsenwerden. Eine Frage, die mich umtreibt ist diejenige nach dem Vergessen, was Liebe ist. Was ist Freundschaft? Wie fühlt sich diese an? Hast du dir diese Fragen auch schon einmal gestellt? Und hast du Antworten gefunden? Woran machst du die Charakteristika eines solchen Begriffs fest? Ich muss für mich eingestehen, dass ich vergessen habe, was Freundschaft und Liebe ist. Vielleicht weil es zu selbstverständlich geworden ist? Lieben und geliebt werden ist wahrscheinlich ein Grundbedürfnis. Doch denke ich, dass wir es zu wenig wertschätzen. Teilweise nur konsumieren - Im Sinne von Angebot und Nachfrage. Lieben muss gelernt sein. Und später gepflegt werden. Es muss gefühlt werden. Bei mir und meinem Gegenüber. Ähnlich verhält es sich mit Freundschaft. Diese muss gepflegt werden. Gegenseitig das Interesse und die Wichtigkeit offenbaren. One-way Freundschaft verhält sich ähnlich wie one-way Kommunikation: Sie perlt ab. Kommt nicht an. Verwischt sich. Die Kunst des Lebens verbirgt sich möglicherweise zwischen dem Verständnis der Lebensrealität des Gegenübers und den persönlichen Ansichten, Haltungen und Werten. Denn ist es beim Tod nicht immer auch so, dass das Du auch zu gewissen Teilen zum Ich wird. Ich ist der oder die Hinterbliebene:r. Das Bleiben soll gelernt sein.

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