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Neutralität.

  • Daniel
  • 30. Aug. 2023
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 11. Jan.

Das gemeinschaftliche Zusammenleben basiert auf gegenseitiger Toleranz, Respekt und Solidarität. Dies umso mehr, in einer Welt von vielfältigen Meinungen, kulturellen Hintergründen und individuellen Lebensstilen.

Vorweg: Dieser Beitrag soll nicht die aktuell stattfindende politische Diskussion rund um die Neutralität der Schweiz und ihrer Rolle in der Welt thematisieren. Dieser Beitrag soll die persönliche Haltung zu gesellschaftlichen und politischen Fragestellungen thematisieren. Weshalb soll ich mich als Individuum einbringen? Was bedeutet Eigenverantwortung? Weshalb ist Solidarität der Kit in unserer Gesellschaft? Und: Wieso ist Zivilcourage wichtig? Diese Fragestellungen finden ihren Anfang bei meiner subjektiven Feststellung, dass der gesunde Menschenverstand unterschiedlich interpretiert wird. Und, dass vermeintliche Kleinigkeiten "Das Fass zum überlaufen" bringen. Um das Pferd von vorne aufzuzäumen, möchte ich als erstes meine Feststellungen näher erläutern. Unweigerlich führen gesellschaftliche Themen meist zu politischen Diskussionen. In unserem direkt-demokratischen Land finde ich dies eine Stärke unseres Systems. Denn es zeigt, dass gesellschaftliche Strömungen, die Vielfältigkeit und Diversität der Gesellschaft, unser Verständnis für ein Miteinander beeinflusst und prägt. Als Gesellschaft stehen wir nicht still und entwickeln uns glücklicherweise weiter. Die Geschwindigkeit einer gesellschaftlichen Entwicklung stösst manchmal an ihre Grenzen, da Vertrautes nicht mehr ist und sich verändert. Teils rasant verändert. Die Anpassungsfähigkeit ist eine Kompetenz, die gefragter ist denn je - und dies nicht nur im beruflichen Kontext, vielleicht sogar stärker noch im gesellschaftlichen. Nun könnte der bereits vorhin erwähnte Begriff "Gesunder Menschenverstand" die Büchse der Pandora öffnen. Denn höchstwahrscheinlich würde eine Umfrage bei bereits zehn Personen zum gesunden Menschenverstand zehn unterschiedliche Definitionen ergeben. Und doch scheint es, als ob alle den gesunden Menschenverstand für sich gepachtet haben. Die Philosophie kann bei solchen Verstrickungen meist helfen, um ein besseres Verständnis zu schaffen. Und so gehe ich kurz auf die mir sehr plausibel erscheinende Gedanken von John Rogers Searle (amerikanischer Philosoph) und Immanuel Kant (deutscher Philosoph) ein. Gemäss Kant ist der gesunde Menschenverstand "nichts anderes als der durchschnittliche Verstand eines gesunden Menschen". Searle meint ergänzend, dass es "im grossen und Ganzen um weitverbreitete und normalerweise unbestrittene Überzeugungen" geht. Gerd Gigerenzer (deutscher Psychologe) fasst die Überlegungen in vier Fähigkeiten zusammen, die einen gesunden Menschenverstand ausmachen:

  1. Die Struktur von Ursache und Wirkung verstehen (Kausalität)

  2. Absichten und Überzeugungen anderer zu verstehen (intuitive Psychologie)

  3. Eigenschaften von Zeit und Raum zu verstehen (intuitive Physik)

  4. Intuitive Sozialverhalten (z.B. Soziale Normen, Ethik)

Zurück zu Kant, dem Befürworter des gesunden Menschenverstandes. Gesunder Menschenverstand ist für ihn "der gemeine Verstand, sofern er richtig urteilt". Er sei gemäss Kant im Alltag oft nützlicher als wissenschaftliche Erkenntnisse. Abgeleitet von dieser Überlegung, formulierte er drei Maximen für den erfolgreichen Gebrauch des gemeinen Menschenverstands:

  1. Selbstdenken

  2. An der Stelle jedes anderen denken

  3. Jederzeit mit sich selbst einstimmig denken

"Gib mir Saures, Baby!"

Mit diesen Überlegungen und Gedanken möchte ich nun einen Schritt weiter gehen. Den möglicherweise mag die Titelwahl mit dem Textinhalt vordergründig wenig zu tun haben. Der Grund dieser Titelwahl ergründet sich darin, dass Neutralität in gesellschaftlicher Hinsicht nicht zwangsläufig nur positive Eigenschaften mit sich bringt. Neutral sein wirkt wie stillschweigen. Still sein könnte als Passivität oder Beteiligungslosigkeit betrachtet werden. Wobei das Nicht-still-sein nicht gleichzusetzen ist mit nur laut sein. Neutral sein ist weder still noch laut. Es mündet im Engagement. In einem Bereich, dass einem als so wichtig erscheint, dass man sich beteiligt und bedingungslos einsetzt. Nicht neutral sein heisst für mich salop ausgedrückt, Farbe bekennen. Farbe im politischen Sinne. Oder im gemein-gesellschaftlichen Sinne. Sich in Gruppierungen zu solidarisieren, sei dies gewerkschaftlich oder in einem Verein. Wobei die Lösungsfindung für mich an erster Stelle steht. Die erarbeitete Lösung oder Meinung soll und darf sich zeigen in Form von Kundgebungen. Kurz: Die Meinung auf die Strasse bringen - friedlich und mit sachlichen Forderungen selbstverständlich. Sich positionieren erfordert Mut, insbesondere im politischen Sinne. Aus eigener Erfahrung kann ich abschätzen, was es heisst, Farbe bekennen und sein Gesicht auf Plakate abzudrucken. Doch genau dieses nicht Neutrale heisst für mich Haltung zeigen. Farbe bekennen. Eine Haltung, die bestenfalls mit der eigenen Grundüberzeugung sachliche Argumente herleitet. In diesem Prozess erscheint mir die Eigenschaft der Diplomatie als Kernkompetenz. Diplomatische Fähigkeiten verbinde ich in diesem Kontext mit gemeinschaftlichem Diskutieren. An einen Tisch sitzen. Einander zuhören. Argumente austauschen. Kompromisse finden. Ich bin ein totaler Verfechter von Kompromissen. Auch wenn ein Kompromiss ein Murks sein kann. Die positiven Aspekte eines Kompromisses überwiegen für mich. Ein Kompromiss ermöglicht es, eine gute Balance in Meinungsverschiedenheiten zu finden. Gemeinsame Interessen zu identifizieren. Dies führt im besten Fall zu einer Win-Win-Situation - niemand verliert vollständig. Kompromisse erfordern Kommunikation, Verständnis und Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten. Vertrauen und Beziehung zueinander werden aufgebaut. Und ein Kompromiss fördert die oben erwähnte Anpassungsfähigkeit, um sich auf neue Ideen einzulassen und andere Perspektiven einzunehmen.


Zum Abschluss möchte ich die Brücke von den soeben aufgeführten Überlegungen und den erwähnten subjektiven Feststellungen bauen. Paradoxerweise machen Viele die frustrierte Faust in ordentlich gepflegten Hosen. Der Frust, die Politikmüdigkeit nehmen zu. Der berühmte Tropfen zu viel generiert oftmals ein gesellschaftliches Vakuum bis zur totalen Unmöglichkeit. Wieso es so weit kommen lassen? Wieso nicht vorher Farbe bekennen? Dabei geht es klar immer auch um Haltung gegenüber mir selbst, meinem Gegenüber und einer Sache. Die Vielfalt der Ansichten spiegelt sich in den subtilen Nuancen von Meinungen und Gedanken wider, sei es in kleinen oder grossen Farbvariationen. Dies ist grossartig! Also meine ich, dass gesellschaftliche Prozesse mit Interesse verfolgt und mitgestaltet und nicht nur als Belanglosigkeit betrachten werden. Dies wirkt ansonsten ähnlich einer "Scheissegal-Mentalität". Damit schliesse ich den Beitrag in Ehren an die Neutralität ab, dass neutral sein auf dem politischen Parket oder dem Spielfeld in der Rolle als Schiedsrichter, eine löbliche Kompetenz ist. In gesellschaftlicher Hinsicht wünschte ich mir mehr Teilhabe, Mut, Diskurs, Empathie, Interesse, Solidarität, Verständnis und lustvolles Debattieren.

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